[Eltern sollten] für ihre Rolle als zentrale Akteure in der politischen Sozialisation ihrer Kinder sensibilisiert und vorbereitet werden und eine Begleitung finden, z. B. durch die Entwicklung eines qualifizierten Informations- und Bildungsangebotes zum Thema Demokratiebildung, in dem beispielsweise die Bedeutung der Beziehungsqualität, der Erziehungsstile oder die Reflexion eigener politischer Haltungen usw. für die Herausbildung von politischen Orientierungen bei Kindern und Jugendlichen systematisch erörtert werden. Diesen Themen müsste auch im Kontext der verschiedenen Angebote der Familienbildung zukünftig ein deutlich größeres Gewicht zukommen. Die Familienbildung hat erst in den letzten Jahren wieder intensiver begonnen, sich mit dem Thema Demokratieförderung und ‑bildung auseinander zu setzen. Dies gilt es fortzuführen und für die verschiedenen Adressatengruppen weiterzuentwickeln. Die Herausforderung besteht darin, Konzepte der Eltern- und Familienbildung zu entwickeln, wie in Familien demokratisch orientierte politische Sozialisations- und Bildungsprozesse angeregt werden können, die über die bisher vertrauten Themen gewaltfreie Erziehung, demokratische Erziehungsstile, Stärkung der Selbstwirksamkeit u. ä. hinausführen. Eine besondere Bedeutung kommt dabei jenen Angeboten der Familienbildung zu, in deren Mittelpunkt die konkreten und alltagsnahen Begegnungen von Familien aus unterschiedlichen Kontexten im Mittelpunkt stehen (wie z. B. in den Familienzentren). Konzepte wie z. B. antirassistische Familienbildung können dort nicht nur informativ vermittelt, sondern im Alltag praktiziert und gelebt werden. Allerdings sind Eltern und Familien nicht als zu belehrende Akteure zu betrachten; vielmehr gilt es Formen zu entwickeln und zu fördern, in denen ihre aktive(re) Einbeziehung zur demokratischen Mitgestaltung von zentralen sozialen Räumen wie Kita oder Schule erfolgt.
Aufgaben und Ziele
Eine lebenswerte kinder- und familienfreundliche Gesellschaft zu gestalten bedeutet […], frühzeitig und nachhaltig in die Sozialisation, Erziehung und Bildung in der Familie zu investieren und sie durch vielfältige Angebote in ihren verantwortungsvollen Aufgaben zu unterstützen – selbstverständlich, von Anfang an und ein Leben lang.
Im Vorfeld von und parallel zur Begleitung und Beratung in Betreuungs- und Bildungsinstitutionen wie Kita, Kindertagespflege und Schule leistet die Familienbildung dazu einen bedeutsamen Beitrag. Schon in den ersten Lebenswochen des Babys, der werdenden Familie, sind Einrichtungen der Familienbildung eine wichtige Anlaufstelle für eine erste Orientierung. Niedrigschwellig und an den Lebenslagen, Interessen und Fragen der Familien ansetzend, kann sie über alle Familienphasen hinweg Begleitung und Unterstützung bei der Erziehung, Bildung, Gesundheit und in Alltagsfragen bieten und dabei die Bindungs- und Beziehungsstabilität in Familien unterstützen. Die Angebote der Familienbildung richten sich grundsätzlich an alle Familien und stärken und bestärken ihre Mitglieder in ihren Ressourcen und Kompetenzen. Familienbildung versteht sich als ein universalpräventives Handlungsfeld, in dem nicht eine Defizit- und Risikobewältigung, sondern vielmehr die Aneignung und Erweiterung individueller Kompetenzen und Ressourcen zur selbstbestimmten und selbstwirksamen Gestaltung von (familiärem) Leben und Alltag im Mittelpunkt stehen. Sie tritt damit neben die erzieherischen Hilfen im SGB VIII und trägt ebenso i.S. des § 1 SGB VIII dazu bei, Kinder und Jugendliche in ihren Familien zu fördern hin zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit (§1 Abs. 1 SGB VIII).
Familienbildung gelingt es,
- Familien als Einheit und als Lernort zu stärken,
- Familien in Armutslagen zu unterstützen,
- Gesellschaftliche Diversität und Inklusion zu fördern,
- Partnerschaften im Sozialraum herzustellen und
- Demokratiekompetenzen zu fördern.
AWO Bundesverband e.V. und Zukunftsforum Familie e.V. (2019): Familien begleiten – von Anfang an! Positionspapier Familienbildung
„Familien sind nach wie vor die erste und wichtigste Erziehungs- und Bildungsinstanz, in der Kinder idealerweise in ihrer Entwicklung gefördert und begleitet werden. Die Familie ist Ort der Wertevermittlung unserer Gesellschaft und von emotionalen, sozialen und kulturellen Kompetenzen. Gegenwärtig ist unsere Gesellschaft geprägt von einer Vielfalt familiärer Lebensformen, einem veränderten Rollenverständnis von Männern und Frauen
und damit einhergehenden Leitbildern, Einstellungen und Wünschen von Müttern und Vätern für eine partnerschaftliche Aufgabenteilung in Familie und Beruf, einem demografischen Wandel, der sowohl die Sicht auf Familie wie auch ihre Unterstützungsbedarfe ändert und jüngst durch die Zuwanderung von Flüchtlingen.
Familienbildung fördert und unterstützt die Gestaltung von Beziehungen in der Familie
und damit auch der Geschlechter zueinander und der Generationen untereinander. Sie
fördert altersübergreifende Lernprozesse und den solidarischen Zusammenhalt einer
Gesellschaft. Mit der Zunahme hochbetagter Menschen gewinnt das Thema Betreuung und Pflege (in der Familie) auch innerhalb der Familienbildung an Bedeutung.
Eine gelingende Familienbildung fördert die Stärkung, Aneignung und Weiterentwicklung von familienbezogenen Kenntnissen (Wissen), Fertigkeiten (Kompetenzen) und Informationsstrategien.“
Bund-Länder-AG Familienpolitik der AGJF: Strategiepapier zu einer lebensbegleitenden Familienbildung im Sozialraum am 29. Oktober 2015 in Mainz
„Familienbildung unterstützt Eltern und Familien bei der Erfüllung ihrer vielfältigen Aufgaben. Die Startbedingungen können dabei höchst unterschiedlich sein: Während ein Teil der Familien ihren Kindern intensive Förderung vermitteln kann, mangelt es in anderen an grundlegenden Kompetenzen. Manche Eltern sind in ihren Erziehungsaufgaben überfordert oder sie können ökonomisch nicht „mithalten“. Mit frühzeitig einsetzenden, wirksamen und lebensbegleitenden Angeboten bietet Familienbildung elementare Möglichkeiten, zu einem gelingenden Familienleben beizutragen. Dabei ist zu beachten: Jede Familie verfügt bereits über ganz eigene Kompetenzen und Ressourcen. Die Angebote der Familienbildung knüpfen daher inhaltlich und in ihrer Ausgestaltung an vorhandene Kenntnisse und Erfahrungen an und gehen auf vorangegangene Entwicklungen ein. Durch Bildung, Begleitung, Beratung und Informationen werden Handlungsmöglichkeiten in allen Lebensphasen erweitert und Familien werden insbesondere bei Lebensübergängen und an biografischen Schnittstellen unterstützt. Familienbildung zielt dabei nicht nur auf Wissen, sondern auch auf Haltung, Werte und Fertigkeiten und versteht sich als Bindeglied zwischen Erwachsenen-bildung und Sozialer Arbeit. Wie jede Weiterbildung ist die Familienbildung ein Ausdruck des lebenslangen Lernens.
Im Rahmen des Kinder- und Jugendhilferechts gehört Familienbildung zur allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie. Sowohl nach ihrem gesetzlichen Auftrag als auch nach ihrem fachlichen Verständnis ist sie eine präventive Leistung, sie erschöpft sich aber nicht darin. Vielmehr wendet sie sich an alle Familien und berücksichtigt die unterschiedlichen Lebenslagen von Eltern und Kindern. Dabei bezieht sie die sich wandelnden Familienstrukturen in ihren jeweils unterschiedlichen Anforderungen ein.“
Landesfamilienrat Baden-Württemberg (2015): Familienbildung. Alle gewinnen. Eltern- und Familienbildung als zentraler Baustein wirksamer Familienförderung. Positionspapier
„Als allgemeines Ziel der Familienbildung kann die Unterstützung von Familien durch überwiegend bildende Angebote bezeichnet werden, die ein erfolgreiches Durchlaufen des Familienzyklus mit stressarmer Bewältigung der Übergänge ermöglichen sollen. Die Familien sollen zur aktiven Gestaltung neuartiger Situationen motiviert sowie zur Nutzung von Chancen für die gemeinsame positive Weiterentwicklung und ein partnerschaftliches Miteinander angehalten werden. Außerdem will Familienbildung Orientierung in einer komplexen und sich rasch wandelnden Gesellschaft bieten sowie bei der Bewältigung von aus der Pluralisierung der Familienformen und aus der Individualisierung von Lebensläufen resultierenden Herausforderungen helfen. Da die Vielfalt heutiger Familienrealitäten und individueller Biografien nicht mehr fassbar ist, muss jede Familie bzw. jedes Familienmitglied ihren bzw. seinen eigenen Weg, eigene Lebensziele und Wertorientierungen finden. Bei diesen schwierigen Aufgaben, für deren Lösung es keine „Rezepte“ gibt, können Reflexionshilfen, Begleitung und Beratung im Rahmen der Familienbildung genutzt werden.
Wie im gesamten Bildungsbereich gilt auch in der Familienbildung das Prinzip des lebenslangen Lernens. Sie muss sich am Alltag, an den Erwartungen und Bedürfnissen, den Fragen und Problemen der Teilnehmer/innen ausrichten. Kommen individuelle oder familiale Schwierigkeiten und Belastungen zum Ausdruck, werden einerseits die Fachkräfte beraterisch tätig, während sich andererseits die Teilnehmer/innen wechselseitig beraten. So bereichern sich Fachwissen und Lebenswissen gegenseitig.“
(Textor, Martin R. (2015): Familienbildung: Ziele, Formen, Anbieter, Herausforderungen)
„In unserer modernen Gesellschaft unterstützt Familienbildung die Familien bei der Umsetzung ihrer Vorstellungen bezüglich eines als befriedigend erlebten familiären Miteinanders. Familienbildung unterscheidet sich von der Familienberatung dadurch, dass sie einen präventiven und informativen Charakter hat, während Beratung fallbezogene Hilfe bei vorhandenen Problemen anbietet. Sie setzt direkt an den Alltagserfahrungen der Teilnehmenden an. Dabei bezieht sie sich auf Fragen, die sich aus dem Zusammenleben von Frauen und Männern, Erwachsenen und Kindern, jungen und alten Menschen oder Gesunden und Kranken ergeben. Als Herausforderungen der Familienbildung kristallisieren sich anhand der gesellschaftlichen Entwicklungen und Anforderungen heraus: Früherziehung, Gesundheitserziehung und Medienverhalten. Es bedarf besonderer Angebote für sozial benachteiligte und bildungsferne Familien sowie der Kooperation mit anderen Sozialisations- und Erziehungsinstanzen (…).
Langfristig will Familienbildung nicht nur die Kompetenzen von Eltern und Familien unterstützen, sondern alle Erwachsenen befähigen zu mehr Empathie gegenüber Kindern und Jugendlichen und zur Berücksichtigung ihrer Belange. Ziel ist die Schaffung eines Erziehungsklimas, das Kinder und Jugendliche in ihrer Bindungsfähigkeit, Persönlichkeit und Entfaltung stärkt, sie zu einem gesunden und selbstbestimmten Leben führt und sie auf eine mitwirkende Teilnahme an der Gesellschaft vorbereitet.“
(Stadt Karlsruhe Sozial- und Jugendbehörde Kinderbüro (2013) – Konzeption Familienbildung)
„Familie ist nach wie vor die wichtigste Erziehungs- und Bildungsinstanz. Sie entscheidet ganz wesentlich über den Bildungserfolg sowie die Gesundheits- und Lebenschancen von Kindern. Familie ist auch die Lebensform, die den Zusammenhalt und die gegenseitige Solidarität der Generationen gewährleistet. Das Leben mit Kindern in der heutigen Gesellschaft stellt Familien vor komplexe Anforderungen und Verpflichtungen. Deswegen müssen ausreichende Unterstützungsangebote bereitgestellt werden, damit Eltern und Familienangehörige sich gezielt Kompetenzen aneignen können, um den Alltag gut zu meistern. Unter dem Begriff Familienbildung (…) sind alle formellen und informellen Bildungsmaßnahmen für Familien zu verstehen, die präventiv, begleitend und unterstützend dazu beitragen, Erziehungs- und Familienkompetenzen zu stärken. Familienbildung ist eine gesellschaftliche Querschnittsaufgabe, die Eltern und andere Familienangehörige dabei unterstützen will, Geborgenheit zu schaffen, Kinder zu stärken und verantwortungsvollen Persönlichkeiten zu erziehen, die Gesundheit der Familienmitglieder zu fördern, Partnerschaft zu leben, mit dem vorhandenen Geld zu haushalten, Beruf und Familie zu vereinbaren und generationenübergreifend Verantwortung füreinander zu übernehmen. Familienbildung bietet Gelegenheiten, um unter anderem Kommunikationskompetenz, Organisationskompetenz und Medienkompetenz einzuüben und somit Familien beim „doing family“ zu unterstützen.
(Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung des Landes Rheinland-Pfalz Landesjugendamt (2012): Familienbildung im Kontext des SGB VIII. Orientierungshilfen.)
„Familienbildung ist Bildungsarbeit zu familienrelevanten Themen und ein selbsttätiger Lernprozess. Angebote richten sich prinzipiell an alle Familien und alle Familienmitglieder und unterstützen mit Hilfe jeweils geeigneter Zu-gänge und Methoden das gelingende Zusammenleben und den gelingenden Alltag als Familie. Familienbildung fördert die Aneignung von konkreten Kenntnissen (Wissen), Fertigkeiten (Kompetenzen) und Informationsstrategien. Sie regt zur Reflexion der eigenen Rolle und des eigenen Handelns im Zusammenleben als Familie an und dient der Orientierung. Familienbildung setzt an den Interessen und Fähigkeiten der Familien an, wobei sie deren Eigeninitiative nutzt und fördert. Sie dient dem erfahrungs-und handlungsbezogenen Lernen, schafft Gelegenheiten und setzt Impulse zum sozialen Austausch und zur gegenseitigen Hilfe. Dabei bezieht sie gesellschaftliche Strukturen wie auch individuelle Handlungsmöglichkeiten mit ein und ist so bestrebt, die gesellschaftliche Teilhabe von Familien zu stärken. Familienbildung ist Aufgabe der präventiven Kinder- und Jugendhilfe, indem sie frühzeitig und lebensbegleitend Erziehende in der Wahrnehmung ihrer erzieherischen Verantwortung unterstützt und die Ressourcen zur Gestaltung des Familienalltags stärkt sowie junge Menschen auf das Zusammenleben in Partnerschaft und Familie vorbereitet. Familienbildende Angebote werden auch im Rahmen der Erwachsenenbildung vorgehalten. Sie sollen Möglichkeiten der Orientierung für die Lebensführung vermitteln und somit die Selbstverantwortung und Selbstbestimmung fördern. Generelles Ziel aller familienbildenden Angebote ist es, dazu beizutragen, dass sich Kinder und Erwachsene in der Familie entfalten und entwickeln können und ein kinder- und familienfreundliches Umfeld entsteht.“
(ifb-Bamberg – Staatsinstitut für Familienforschung an der Universität Bamberg (2010): Handbuch zur Familienbildung im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe in Bayern, S. 51f.)
„Familienbildung wendet sich an alle Familien.
- Im Sinne der Primärprävention sollen familienbildende Angebote frühzeitig unterbreitet werden, um vorhandene Potenziale und Ressourcen vorausschau-end zu stärken und auszubauen.
- Da Familienbildung grundsätzlich allen und somit auch Familien in benachteiligten und belasteten Lebenslagen offen steht, ergeben sich Schnittstellen zum sekundärpräventiven Bereich bzw. zu weiteren Hilfen.
- Grundlegende Ziele sind die Förderung der Erziehungskompetenzen und die Stärkung der Beziehungen in den Familien.
- Dies schließt auch die Förderung von Alltagskompetenzen (wie z.B. Haushalts-führung, Zeitmanagement, finanzielle Fragen oder Medienkompetenz) ein.
Im Hinblick auf den präventiven Charakter gilt es, den Nutzen der Familienbildung auch unabhängig von konkreten Problemlagen zu verdeutlichen. Dies stellt die Praxis vor die Herausforderung, Eltern anzusprechen, die aktuell kein „richtiges Problem“ haben. Eine zielführende Strategie, um Eltern frühzeitig zu erreichen, ist es, Angebote orientiert an der kindlichen Entwicklung vorzuhalten. Eltern wissen, dass sich im Entwicklungsverlauf immer wieder Veränderungen einstellen, die mit neuen Aufgaben und Herausforderungen verbunden sind
ifb-Bamberg – Staatsinstitut für Familienforschung an der Universität Bamberg: Leitfaden zur Familienbildung im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe (2009), S. 10
Mit dem Handbuch „Familienbildung als Angebot der Jugendhilfe“ wurde eine umfassende Darstellung der Familienbildung als Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe vorgelegt. Vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Entwicklungen beschreiben die Autoren die Aufgaben von Familienbildung heute.
„Familien in ihren heutigen vielfältigen Erscheinungs- und Organisationsformen sind aber auch für die späteren Lebensphasen ein wichtiger und eigenständiger Lernort für Kinder und Jugendliche, in dem sie soziale Bindung, Vertrauen und Wertschätzung erleben, sie soziales Verhalten, Verantwortungsbewusstsein und Gemeinschaftsfähigkeit erlernen sollten. Orientierung muss die Stärkung von Eigenverantwortung, von Urteilsfähigkeit und die Fähigkeit zur selbstverantworteten Lebensführung von Eltern, Kindern und Jugendlichen sein. Es soll aber für die Eltern auch ein wichtiger Ort ihrer persönlichen Bedürfnisse, Wünsche und Erwartungen, für ihre soziale Identität, ihre sozialen Kontakte und ihre physische und psychische Regeneration sein.
Hieraus ergeben sich für die Familienbildung folgende Aufgaben:
- Unterstützung und Befähigung von Eltern zur Entwicklungsförderung ihrer Kinder
- durch Bildungs-, Beratungs- und Freizeitangebote Eltern zu ermöglichen, die Auseinandersetzung mit den eigenen Wertvorstellungen zu fördern, ihre erzieherischen Kompetenzen zu steigern und erzieherische Verantwortung besser wahrzunehmen sowie die Lebensqualität von Familien zu verbessern
- Gesellschaftliche Partizipationsmöglichkeiten zu erweitern und die Gemeinschaftsfähigkeit von Eltern und Kindern zu steigern
- Verbesserung der sozialen Infrastruktur für Familien, die öffentliche Vertretung von Interessen für Familien, Eltern und Kinder insbesondere in den Kommunen, in den Betreuungs- und Bildungseinrichtungen, in den Angeboten der Jugendhilfe.“
(Bundesarbeitsgemeinschaft Familienbildung und Beratung e.V. (Hg.) (2008) Familienbildung als Angebot der Jugendhilfe. Rechtliche Grundlagen. Familiale Problemlagen. Innovationen. Zweite, vollständig überarbeitete Auflage. Elmshorn, S. 175)
„Die Leistungen (der Familienbildung, die Verf.), wie sie im § 16 KJHG formuliert sind, verstehen sich gerade als strukturell orientierte Angebote und Leistungen: sie richten sich prinzipiell an alle Eltern und Erziehungspersonen, und sie verstehen sich nicht als Einzelfallhilfen in Krisensituationen von Familien mit Kindern. Gerade in solchen Leistungen liegt auch die Chance der Jugendhilfe, mit ihren Angeboten viele Familien unabhängig von bedrängenden Problem- und Konfliktsituationen zu erreichen, ihren Zugang zu Familien zu verbessern und ihr gesellschaftliches Image zu ändern.“
(Bundesarbeitsgemeinschaft Familienbildung und Beratung e.V. (Hg.) (2008) Familienbildung als Angebot der Jugendhilfe. Rechtliche Grundlagen. Familiale Problemlagen. Innovationen. Zweite, vollständig überarbeitete Auflage. Elmshorn, S. 7)
„Die Ziele der Familienbildung beziehen sich insbesondere auf die Stärkung und Entwicklung
- der elterlichen Erziehungskompetenz,
- der Beziehungskompetenz,
- der Alltagskompetenz,
- der Mitgestaltungs- und Partizipationskompetenz zur Mitarbeit in Formen der Selbst- und Nachbarschaftshilfe,
- der Medienkompetenz,
- Gesundheitskompetenz sowie
- der Kompetenz einer adäquaten Freizeit- und Erholungsgestaltung.“
(Deutscher Verein (2007): Bestandsaufnahme und Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Weiterentwicklung der Familienbildung)
„Angebote der Familienbildung zählen unbestritten zum Bereich der öffentlichen Fürsorge und damit zur Gesetzgebungskompetenz des Bundes (…). Das Ziel der Familienbildung, die unterschiedlichen Lebenslagen und Erziehungssituationen von Familien und ihren Mitgliedern aufzugreifen und die Interessen und Bedürfnisse zum Gegenstand der Bildungsarbeit zu machen, deutet auf ein offenes Verständnis von Familienbildung hin. Familienbildung ist demnach mehr als nur Vortragsveranstaltungen und die Weitergabe von Informationen. Sie muss an den direkten Bedürfnissen und Fragen der Betroffenen ansetzen und sich bemühen, gerade die Zielgruppe der Väter, benachteiligte Familie und vor allem Migranten zu erreichen. Hierzu gehört ein stärkerer Bezug zu benachteiligten Wohngebieten und die Gewinnung besonderer Adressatengruppen wie z.B. junge Familien, alleinerziehende Eltern oder auch von Trennung und Scheidung betroffene Familien.“
(Münder, J. et al, 2006, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII; 5., vollständig überarbeitete Auflage. Weinheim und München. S. 271)
„In komplexer werdenden Gesellschaften sind Familien für ein gelingendes Familienleben und ein erfolgreiches Ausfüllen ihrer Rolle als Sozialisationsinstanz in zunehmendem Maß auf Unterstützung angewiesen. Angebote der Familienbildung bieten hier eine wichtige Hilfestellung. Mit dem Begriff Familienbildung werden oft noch „klassische“ Maßnahmen wie zum Beispiel die Mutter-Kind-Spielgruppe oder der Koch- und Handarbeitskurs assoziert.
Moderne Familienbildung geht allerdings ihrem Anspruch nach über diese ursprünglichen Bildungsziele hinaus: Sie versteht sich als präventive und informative soziale Dienstleistung, die einzelne Familienmitglieder wie die Familie als Ganzes in ihrem Familienleben stärkt. Familienbildung bietet den Familien heute nicht nur konkrete Hilfestellungen zu praktischen Fragen und Problemen des Zusammenlebens als Familie, sondern darüber hinaus auch die Chance, unterschiedliche Familienphasen wie zum Beispiel die Familiengründung oder die Rollenfindungen im Familiengefüge zu reflektieren und zu lernen, diese Lebensabschnitte selbst erfolgreich zu gestalten.“
(www. familienfreundlichekommune.de / 2006, Praxiswissen Familienfreundlichkeit 5/2006, Stuttgart)
Die Jugendministerkonferenz hat sich in ihrer Sitzung 2003 umfassend mit den Handlungsmöglichkeiten der Eltern- und Familienbildung befasst, insbesondere mit dem Stellenwert der Eltern- und Familienbildung und der Stärkung der Erziehungskompetenz von Eltern.
„Das gesamte Kinder- und Jugendhilferecht ist an der Aufgabe orientiert, vorrangig die Erziehung junger Menschen in der Familie zu unterstützen und zu ergänzen. Die Stärkung der Erziehungskraft der Familie ist damit prioritäres Ziel aller Leistungsangebote.
16 SGB VIII beschreibt Angebote der Familienbildung, der Beratung in Fragen der Erziehung und Entwicklung junger Menschen sowie Angebote der Familienfreizeit und -erholung als namentliche Leistungen zur Förderung der Erziehung in der Familie. Dabei ist das Tätigwerden der Jugendhilfe in erster Linie auf das Kindeswohl ausgerichtet, was untrennbar mit der Unterstützung der Erziehungsberechtigten verknüpft ist.
Der Auftrag der Jugendhilfe, Familien bei Übernahme von Erziehungsverantwortung zu unterstützen, zu begleiten und zu beraten bedeutet auch, dass die Bedingungen, unter denen Familie in unserer Gesellschaft gelebt wird, Berücksichtigung finden. Familien erleben mangelndes Interesse und Engagement seitens der Gesellschaft für ihre Belange, nehmen wirtschaftliche Nachteile, Karriereknicks, ungenügende Kinderbetreuungsstrukturen und vieles mehr in Kauf. Der Familienalltag ist weitgehend von den Erfordernissen der Arbeitswelt geprägt.
Es muss Ziel der Jugendhilfe sein, die Gesellschaft für Familienfragen zu sensibilisieren und Familien darin zu bestärken, mit ihren Interessen und Belangen an die Öffentlichkeit zu treten, für sich und ihre Kinder eine Lobby zu schaffen.
Die Übernahme von Verantwortung für ein Kind sollte für Eltern bedeuten, mit größerer Aufmerksamkeit und Sensibilität gesellschaftliche und politische Entwicklungen zu erkennen und darauf zu reagieren, eigene Einstellungen und Positionen zu hinterfragen, auf Fragen und Ängste der Kinder zu antworten. Jugendhilfe kann dabei unterstützen.“
(Bayerisches Landesjugendamt, 1998, Familienbildung, Familienberatung, Familienerholung in: Mitteilungsblatt des Bayerischen Landesjugendamtes, 2/1998)
Zum Weiterlesen
AWO Bundesverband e.V. (Hg.), 2008, Schauplatz Familienbildung. Handreichung zu Bildungs- und Beratungsangeboten für Eltern und Familien. Berlin
ifb-Bamberg – Staatsinstitut für Familienforschung an der Universität Bamberg (2000): Handbuch zur Familienbildung im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe in Bayern
Der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt e.V. stellt auf dieser Website umfassende Basis- und Fachinformationen zum Handlungsfeld Familienbildung zur Verfügung.
Alle, die sich in beruflichen Zusammenhängen, ausbildungsbezogen, als ehrenamtlich Engagierte oder ganz allgemein für das Thema Familienbildung interessieren, erhalten hier grundlegende, praxisorientierte Angaben und Hinweise.
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